Häupl, Fischler, Vranitzky, Pröll, Bartenstein und Gusenbauer für Mehrheitswahlrecht
Mehrere führende Persönlichkeiten der österreichischen Politik – u.a. der Wiener Bürgermeister Michael Häupl, der frühere EU-Kommissar Franz Fischler, der frühere Bundeskanzler Franz Vranitzky und die Bundesminister Josef Pröll und Martin Bartenstein haben sich in den letzten Wochen positiv zum Mehrheitswahlrecht geäußert. 2002 war auch Alfred Gusenbauer dafür.
Der Wiener Bürgermeister Michael Häupl am 30. März 2008 in der "Kronenzeitung":
"Mit einem behutsamen Mehrheitswahlrecht hätte ich kein Problem, das sage ich ganz offen."
Ex-EU-Kommissar Franz Fischler in einem Interview mit "News" am 20. März 2008:
"Daher müsste man ernsthaft darangehen, zu überlegen, wie man das Wahrecht so abändert, dass es mehrheitsfreundlicher wird. Wobei Kleinparteien auch im Parlament vertreten sein sollten. Und man müsste darüber nachdenken, viel stärker auch ein Persönlichkeitswahlrecht in Richtung Abgeordnete einzuführen."
Derselbe am 29. Februar 2008 in der "Kleinen Zeitung":
"Die Gräben der Dreißigerjahre haben nach dem Krieg zu einer Überhöhung von großen Koalitionen geführt, die sich heute längst überholt hat. Es ist an der Zeit, Alternativen zum Verhältniswahlrecht zu erarbeiten. Ich bin für ein abgefedertes Mehrheitswahlrecht, nicht in der radikalen britischen Ausformung, sondern für ein Modell, das einerseits dem Ersten eine klare politische Handschrift ermöglicht, das aber dennoch kleineren Parteien Repräsentanz im Parlament sichert. Nur die Eintrittsschwelle fürs Parlament zu erhöhen, hielte ich für falsch. Vielfalt und Pluralismus sind wichtig."
Ex-Bundeskanzler Franz Vranitzky am 28. Jänner 2008 in den "Salzburger Nachrichten":
"Angesichts der doch mühsamen Entscheidungsfindung in der Bundesregierung und angesichts der markanten Änderungen in den Demokratiegefügen der Europäischen Union plädiere ich dafür, sehr sorgfältig und gewissenhaft über die Umstellung auf ein Mehrheitswahlrecht nachzudenken. (...) Es gibt Wahlrechtsmodelle, die einer der Parteien eine Mehrheit sichert, ohne die kleineren Parteien aus dem Parlament zu verdrängen."
Bundesminister Josef Pröll am 17. Februar 2008 in der "Kronenzeitung":
"Ich bin für das Mehrheitswahlrecht. Wir müssen diskutieren, wie wir in der Zukunft zu klareren Mehrheiten und klareren Entscheidungen kommen."
Bundesminister Martin Bartenstein am 3. April 2008 in einem "News"-Interview:
"Ein Mehrheitswahlrecht würde sich hin zu den Bürgern öffnen. Das würde eine Stärkung des jeweiligen Mandatars bedeuten. Durch das Mehrheitswahlrecht würden die Parteien an Einfluss verlieren."
Bundeskanzler Alfred Gusenbauer in einem APA-Interview vom 26. Juli 2002:
"Ich als Anwalt der direkten Bürgerinteressen sage, es ist besser, die Bürger entscheiden direkt über eine Regierung, als über den Umweg von Parteienverhandlungen. Ich bin überzeugt, es lässt sich parteipolitische Vielfalt kombinieren
mit einem System, das zu einer klaren Regierungsbildung und zu einer klaren Mehrheitsfähigkeit führt. Ich würde das für wichtig erachten auf europäischer Ebene und daher auch für Österreich. (...) Der Punkt ist der, ich bin der Meinung, dass der einzelne Bürger einen direkten Einfluss darauf bekommen soll, wer ihn regiert. Das ist das Grundprinzip der Demokratie und ich glaube, vor dieser Herausforderung stehen wir in Europa. Eine Möglichkeit, den direkte Einfluss der Bürger auf die Regierung zu erhöhen, ist ein mehrheitsorientiertes Wahlrecht." Derzeit hätten die Leute den Eindruck, dass sie zwar zur Wahl gehen, "aber keinen Einfluss darauf haben, wer sie letztendlich regiert".
Die Kritik an seinem Vorstoß überrascht ihn nicht: "Es gibt ja in Österreich keine gepflegte politische Diskussionskultur" Seine Analyse der Situation: "Wir befinden uns in einer neuen Situation in Europa, wir müssen uns mit den neuen Gegebenheiten auseinander
setzen und da ist es die Aufgabe der politisch Verantwortlichen, Vorschläge zu formulieren, wie man den Einfluss des einzelnen Bürgers auf das politische System verbessern kann. Hier stelle ich mich gerne einer offenen Diskussion - in der eigenen Partei und auch darüber hinaus gehend."
Den Widerstand erklärt er auch damit, dass die politischen Parteien sind bereit sind, "ihr Vorrecht, Regierungen zu bilden, aufzugeben".
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