Information von Initiativen-Sprecher Heinrich Neisser, März 2009

In der gegenwärtigen wirtschaftlichen Situation und in der spezifischen innenpolitischen Konstellation Österreichs besteht die Gefahr eines demokratiepolitischen Stillstands. Fragen einer Staats-, Verwaltungs- und Demokratiereform drohen weiter in den Hintergrund zu geraten. Dies ist außerordentlich problematisch, da das Vertrauen und die Partizipation der Bürger gerade in schwieriger werdenden Zeiten Grundvoraussetzungen für eine stabile Demokratie sind. „Für eine lebendigere Demokratie – gegen Parteienwillkür“ ist das auch in unserem Manifest proklamierte Motto der am 24. April 2008 ins Leben gerufenen Initiative Mehrheitswahlrecht.

Eines unserer wesentlichen Ziele ist eine Bewusstseinsbildung und seriöse und umfassende Diskussion für Maßnahmen im Interesse einer lebendigen Demokratie, wobei eine Wahlrechtsreform mit den Stoßrichtungen leichtere Mehrheitsbildung und stärkere Personalisierung ein zentrales Anliegen ist. Erfreulicherweise gab es seitens der österreichischen Medien sehr positive Resonanz für diese fundamentalen demokratiepolitischen Anliegen.

Auch das Ergebnis der Nationalratswahlen im September 2008 hat durch das Wahlrecht genauso wie das der vom Herbst 2006 keine andere Zwei-Parteien-Koalitionsoption als die der Zusammenarbeit von SPÖ und ÖVP zugelassen. Solche Zwangskoalitionen zweier großer Parteien, die den Protest fördern, sollen durch ein neues Wahlrecht vermieden werden, vielmehr soll Stabilität, klare Verantwortungszuordnung und politische Dynamik gefördert werden. Neuerdings hat sich das Vorzugsstimmen-Wahlrecht als ungeeignet für eine echte Personalisierung erwiesen – kein einziger Abgeordneter, der nicht ohnehin durch die Parteiliste fix gereiht war, zog 2008 aufgrund der Vorzugsstimmen ins Parlament ein.

Umfragen haben überdies ergeben, dass über 60 Prozent der Bevölkerung einer entsprechenden Wahlrechtsreform positiv gegenüberstehen. Im Herbst 2008 konnte im österreichischen Parlament über gemeinsame Einladung von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer und unserer Initiative das international besetzte Symposium „Demokratie im Umbruch – Perspektiven einer Wahlrechtsreform“ abgehalten werden. Vertreter der Parlamentsparteien sprachen sich dort – wie auch schon in einer auf unserer Homepage veröffentlichen Rundfrage – für eine parlamentarische Enquetekommission zu Wahlrechtsfragen aus. Bis heute ist aber trotz mehrfacher Urgenzen seitens unserer Initiative kein entsprechender Schritt erfolgt.

Trotz dieser Intransigenz des „politischen Establishments“ sehen wir es aber als unsere Aufgabe gerade angesichts der eingangs geschilderten Fakten an, mit Beharrlichkeit, Geduld und Sachkompetenz für demokratiepolitische Fortschritte zu argumentieren und zu werben. Im Sinne dieses langen Atems wird voraussichtlich im Juni von Klaus Poier ein Sammelband präsentiert, der einerseits auf den Referaten des Symposiums fußt und andererseits auch zusätzliche Beiträge von Mitgliedern unserer Initiative wie u.a. Gerd Bacher, Trautl Brandstaller, Herwig Hösele, Heinrich Keller, Norbert Leser, Theodor Öhlinger und Bernd Schilcher vorlegt.
Insgesamt wollen wir in den nächsten Monaten den Schwerpunkt unserer konzeptiven Diskussionsbeiträge auf die Themen Personalisierung des Wahlrechtes und Personenauslese, also Rekrutierungsmechanismen, im politischen System als Mittel zur Hebung der demokratischen Qualität legen. Es wird auch ein neuerliches Symposium im Parlament mit dieser Akzentsetzung angestrebt.

Darüberhinaus möchten wir verstärkt Partner vor allem im zivilgesellschaftlich organisierten Bereich finden, mit denen wir allenfalls bei Diskussionsveranstaltungen und anderen
bewusstseinsbildenden Aktivitäten kooperieren können.

Sehr geehrte Unterstützerinnen und Unterstützer unserer Initiative. Wir bitten Sie sehr um Ihr Feedback zu diesen unseren Überlegungen, um Anregungen, Vorschläge und Kritik. Vor allem wären wir dankbar, wenn auch zu folgenden Punkten Unterstützung käme:

  1. Werbung von weiteren Unterstützerinnen und Unterstützern, die sich auf unserer Homepage eintragen.
  2. Vorschläge für zivilgesellschaftliche Gruppen, die wir als potentielle Partner ansprechen können.
  3. Weitere auch materielle Unterstützung unserer Initiative – für jeden Beitrag auf das Konto Nr. 5165004464, BLZ 12000 bei der Bank Austria sind wir sehr dankbar.

Mit der Bitte um Ihre weitere aktive Wegbegleitung und in der Überzeugung, dass wir gemeinsam mit langem Atem einen Beitrag zu einer lebendigeren Demokratie in Österreich leisten können bin ich
mit freundlichen Grüßen

Heinrich Neisser
Sprecher der Initiative

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